Donnerstag, 29. Januar 2015
Mittwoch, 28. Januar 2015
Ende der Demokratie?
Hauke Brunkhorst
über eine Tagung aus Anlass des 80. Geburtstags von Jürgen Habermas, „Auslaufmodell Demokratie?“ (gekürzt)
Aus: Information Philosophie
http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=2740&n=2&y=1&c=3
(...) Bisher (...) tendiert die expertokratische Kolonialisierung der Lebenswelt freilich weit mehr dazu, die partikularen Interessen von Funktionseliten und Exekutivspitzen, mächtigen Wirtschaftsunternehmen und Hegemonialmächten zu stärken und umgekehrt die ohnehin organisationsunfähige Peripherie, mehr und mehr aber auch die im Nationalstaat zurückgebliebenen Mehrheitspopulationen sozial, politisch und kulturell zu schwächen und zu marginalisieren. Während die expertokratische Kolonialisierung der Lebenswelt die Schere zwischen wachsender Verrechtlichung und wachsender Entdemokratisierung der Weltgesellschaft immer weiter öffnet, führt die neoliberale episteme, die zur Vernunft oder Unvernunft der Weltgesellschaft geworden ist, zu einer ökonomischen Kolonialisierung und Kommodifizierung der sozialen Lebenswelt.
Jens Beckert (hat) gezeigt, dass die Schließung der globalen Märkte, die zur nahezu vollständigen Abhängigkeit der Staaten von der Weltwirtschaft geführt hat, erst in Kombination mit der inneren Kolonialisierung nahezu aller bisher nicht marktförmigen Gesellschaftssphären (Gesundheitswesen, Bildungssystem, Universitäten usw.) zur Vernichtung derjenigen nichtökonomischen und nicht-marktförmigen Voraussetzungen der Marktwirtschaft führt, die diese mit ihren eigenen Mitteln (der Warenproduktion) nicht selbst erzeugen kann. Dann wird es in der Tat ökonomisch absurd, sich noch länger an eine biedere Kaufmannsmoral zu halten und die ökonomischen Akteure müssen „bei Strafe ihres Untergangs“ (Marx) mit ungedeckten Milliardenschecks so agieren, dass die Blase immer größer und die Krise unvermeidlich wird. Interessant war diese Analyse auch deshalb, weil sie ohne zu moralisieren, zeigte, wie der global verselbständigte Turbokapitalismus die gesellschaftlichen Voraussetzungen der kapitalistischen Marktwirtschaft, von denen sie lebt, die postkonventionelle Moral und das positive Recht zerstört. Bei Marx hieß das Subsumtion der lebendigen unter die tote Arbeit. Auch hier zeigte sich, dass eine der großen Stärken der Theorie von Habermas nicht etwa in der Überwindung, sondern in der generalisierenden Fortführung des Marxismus der Frankfurter Schule besteht.
Claus Offe beschrieb den Grundwiderspruch des siegreichen Kapitalismus in den dazu passenden systemtheoretischen Kategorien so, dass der autoritäre Staatssozialismus zwar alle Handlungsmacht im Staat konzentriert hatte, sich aber durch dogmatische Schließung der Möglichkeit rationaler Selbstbeobachtung beraubt hatte, während der seit den 1970er Jahren erfolgreich globalisierte Kapitalismus zwar alles frei und rational beobachtet und weiß, was er wissen kann, sich aber durch die Selbstenthauptung der Staatsmacht an eine Wirtschaftsweise ausgeliefert habe, die aus strukturellen Gründen zur Selbstkorrektur unfähig ist. Düstere Aussichten, zwingt die Finanzkrise, zumal wenn ihr auch noch, wie es scheint, die klassische Überproduktionskrise folgen sollte, zur Mobilisierung der letzten Handlungskompetenzen des Staates. Wenn es dann wieder aufwärts geht, folgt der Finanzkrise die fiscal crisis, die einen ohnmächtigen Staat und ebenso ohnmächtige Internationale Institutionen zurücklässt. Statt Demokratie und Sozialstaat gäbe es dann überall failed states und „Räuberkapitalismus“ (Max Weber). Afrika, Afghanistan und Irak als Zukunft Europas, Asiens und Amerikas.
(...) Spitzt man die Dinge so zu wie Beckert und vor allem Offe, dann sind eigentlich keine Handlungsperspektiven zu erwarten. Da wir aber immer noch nicht in einer Luhmannschen Systemwelt leben, in der jede Intervention alles nur noch schlimmer machen würde und wir ja wissen, dass die Weltwirtschaftskrise nicht durch politische Herrschaft über die Märkte und ihre negativen Externalitäten entstanden ist, sondern aus durchaus planmäßiger, ja, planwirtschaftlicher Liberalisierung und Entgrenzung, gibt es natürlich Alternativen eines „radikalen Reformismus“ (Habermas), mit denen man es zumindest versuchen kann und muss, denn zum Handeln gibt es, da auch Nichthandeln Handeln ist, ohnehin keine Alternativen. (...)
So schnell waren Alternativen angesichts der ja noch völlig offenen Weltwirtschaftskrise nicht zur Hand, aber auch hier lag zumindest nahe, mit Habermas zu argumentieren, wenn ohnehin niemand definitiv wisse, was aus dem jetzt plötzlich ubiquitär gewordenen keynsianischen Handeln und Intervenieren werde und das Risiko für alle Alternativen, die Geld in den Markt pumpen würden, gleich sei, sei kaum einzusehen, warum die Investitionen ausgerechnet jetzt tauschwertorientiert (und im Interesse des Kapitals) eingesetzt werden sollten (Abwrackprämie, sekundäre Landesbanken, Bautenrenovierung) statt sie in langfristig wirksam bleibende Gebrauchwerte, in homeless people, Kindergärten, Schulen, Universitäten, Zeitungen, werbefreies Fernsehen usw. zu stecken.
(...) Empirisch muss die Demokratie heute mit der Weltgesellschaft rechnen und kann sich nicht mehr in den Nationalstaat zurückziehen, so ungemütlich das ist, denn sonst werden die wichtigsten Entscheidungen auch in den besten Demokratien bald nicht mehr vom Volk, sondern von transnationalen Eliten, die eigene Interessen verfolgen, getroffen. Und normativ gibt es zur Globalisierung der Demokratie sowieso keine Alternative, denn die westlich oder nordwestlich zentrierte Demokratie bedeutet nur für deren Bewohner den „Ausschluss von Ungleichheit“, aber setzt bis heute die Ungleichheit der anderen im Süden und im Osten voraus. Ein demokratischer Skandal (...).
(...) Auch beim Nationalismus und seinen aggressiven Ausprägungen (handelt es) schon lange nicht mehr um eine nahezu konkurrenzlose Zentralideologie, und sie deckt sich auch schon lange nicht mehr mit den Grenzen von Staaten, sondern hat sich, wie die Religion, selbst globalisiert. Die Entwicklung einer Welt und einer, übrigens durch und durch säkularen Weltkultur bringt ja die vielen (säkularen und religiösen, nationalen und kosmopolitischen) Kulturen nicht etwa zum Verschwinden, sondern überhaupt erst hervor und erzeugt fast täglich neue, oder neue alte (z. B. Altfriesisch als neue Schriftsprache).
Gute Frage, dass die Leute in Zürich von außen auf die EU blicken, ist selbst schon ein ziemlich kompliziertes völkerrechtliches und europarechtliches Problem, und als Europäer verstehen die Schweizer sich trotz aller Neutralität und Globalität ja sowieso. Vor allem gibt es kaum eine europäische Norm, die von der Schweiz trotz Nichtmitgliedschaft in der EU nicht in nationales Recht umgesetzt würde und sogar umgesetzt werden müsste (wegen der vielen Einzelverträge mit der EU). Außerdem haben die Schweizer jetzt sogar, wenn ich die Zeitungen richtig verfolgt habe, die Personenfreizügigkeit, die den materiellen Kern des Europäischen Bürgerrechts ausmacht. Da ist es fast schon komisch, dass sie kein Wahlrecht und keine Kommissions- und Ratsmitglieder haben. Aber ein bisschen blicken die Schweizer doch von außen auf die Union, und sie vergleichen sie zu Recht mit der Verfassung der Schweiz, die ja wie die Europäischen Verträge Unionsbürgerschaft (Eidgenossenschaft) und nationale Bürgerschaft (Kantonsbürgerschaft) von vornherein teilen, ihre Verfassung also mit einer Unterscheidung und nicht mit einer postulierten Einheit beginnen lassen. Aber dann sehen sie natürlich, dass auch eine solche föderale Verfassung wie in der Schweiz sehr radikal demokratisch sein kann, was die der EU gewiss nicht ist.
(...) Die soziale Lebenswelt, die uns, ob wir das wollen oder nicht, konstituiert, ist durch und durch modern und entzaubert, und sie enthält nun einmal alle Sinnressourcen, die es gibt. Die Lebenswelt ist eine unübersteigbare Totalitätskategorie. Sie enthält alles implizite Wissen, über das wir verfügen können. Anderes gibt es nicht. Deshalb sprudeln die lebensweltlichen Quellen einer durchrationalisierten Kultur ebenso in der Systemtheorie wie in der katholischen Theologie. Es ist also eher umgekehrt wie in dem viel zu oft zitierten Böckenfördesatz: jede noch so radikale, auch die islamistische Distanzierung von der modernen Gesellschaft lebt von deren säkularen Sinnressourcen und muss davon leben und, wie man sieht, kann auch davon leben. Noch die Kriegserklärung gegen die moderne Gesellschaft im Ganzen und die Selbstmordattentäter schöpfen ihre fatale Kraft allein aus den säkularen Sinnressourcen der modernen Lebenswelt, aus denen sie auch noch ihre religiösen und antimodernen Hoffnungen rekonstruieren müssen. Die moderne Lebenswelt ist in diesem Sinne unhintergehbar.
(...) (Es zeigt sich), wie fragil die kulturellen Grundlagen der Demokratie infolge der neoliberalen Konterrevolution geworden sind. In der Krise scheint die Bevölkerung nach rechts außen wegzukippen, schon deshalb, weil Politiker, die an der Macht und deren Köpfe vom Glauben an die Wunderkräfte des freien Weltmarkts verseucht sind, keine Alternative mehr entwickeln können und nur noch die immer kleiner werdende Schar der Globalisierungsgewinner repräsentieren. Das deckt sich beängstigend mit den Befunden (...) über den deutschen (und gesamteuropäischen) Rechtsradikalismus und die zumindest latent immer bedrohlicher werdende Lage im Osten.
(...)
über eine Tagung aus Anlass des 80. Geburtstags von Jürgen Habermas, „Auslaufmodell Demokratie?“ (gekürzt)
Aus: Information Philosophie
http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=2740&n=2&y=1&c=3
(...) Bisher (...) tendiert die expertokratische Kolonialisierung der Lebenswelt freilich weit mehr dazu, die partikularen Interessen von Funktionseliten und Exekutivspitzen, mächtigen Wirtschaftsunternehmen und Hegemonialmächten zu stärken und umgekehrt die ohnehin organisationsunfähige Peripherie, mehr und mehr aber auch die im Nationalstaat zurückgebliebenen Mehrheitspopulationen sozial, politisch und kulturell zu schwächen und zu marginalisieren. Während die expertokratische Kolonialisierung der Lebenswelt die Schere zwischen wachsender Verrechtlichung und wachsender Entdemokratisierung der Weltgesellschaft immer weiter öffnet, führt die neoliberale episteme, die zur Vernunft oder Unvernunft der Weltgesellschaft geworden ist, zu einer ökonomischen Kolonialisierung und Kommodifizierung der sozialen Lebenswelt.
Jens Beckert (hat) gezeigt, dass die Schließung der globalen Märkte, die zur nahezu vollständigen Abhängigkeit der Staaten von der Weltwirtschaft geführt hat, erst in Kombination mit der inneren Kolonialisierung nahezu aller bisher nicht marktförmigen Gesellschaftssphären (Gesundheitswesen, Bildungssystem, Universitäten usw.) zur Vernichtung derjenigen nichtökonomischen und nicht-marktförmigen Voraussetzungen der Marktwirtschaft führt, die diese mit ihren eigenen Mitteln (der Warenproduktion) nicht selbst erzeugen kann. Dann wird es in der Tat ökonomisch absurd, sich noch länger an eine biedere Kaufmannsmoral zu halten und die ökonomischen Akteure müssen „bei Strafe ihres Untergangs“ (Marx) mit ungedeckten Milliardenschecks so agieren, dass die Blase immer größer und die Krise unvermeidlich wird. Interessant war diese Analyse auch deshalb, weil sie ohne zu moralisieren, zeigte, wie der global verselbständigte Turbokapitalismus die gesellschaftlichen Voraussetzungen der kapitalistischen Marktwirtschaft, von denen sie lebt, die postkonventionelle Moral und das positive Recht zerstört. Bei Marx hieß das Subsumtion der lebendigen unter die tote Arbeit. Auch hier zeigte sich, dass eine der großen Stärken der Theorie von Habermas nicht etwa in der Überwindung, sondern in der generalisierenden Fortführung des Marxismus der Frankfurter Schule besteht.
Claus Offe beschrieb den Grundwiderspruch des siegreichen Kapitalismus in den dazu passenden systemtheoretischen Kategorien so, dass der autoritäre Staatssozialismus zwar alle Handlungsmacht im Staat konzentriert hatte, sich aber durch dogmatische Schließung der Möglichkeit rationaler Selbstbeobachtung beraubt hatte, während der seit den 1970er Jahren erfolgreich globalisierte Kapitalismus zwar alles frei und rational beobachtet und weiß, was er wissen kann, sich aber durch die Selbstenthauptung der Staatsmacht an eine Wirtschaftsweise ausgeliefert habe, die aus strukturellen Gründen zur Selbstkorrektur unfähig ist. Düstere Aussichten, zwingt die Finanzkrise, zumal wenn ihr auch noch, wie es scheint, die klassische Überproduktionskrise folgen sollte, zur Mobilisierung der letzten Handlungskompetenzen des Staates. Wenn es dann wieder aufwärts geht, folgt der Finanzkrise die fiscal crisis, die einen ohnmächtigen Staat und ebenso ohnmächtige Internationale Institutionen zurücklässt. Statt Demokratie und Sozialstaat gäbe es dann überall failed states und „Räuberkapitalismus“ (Max Weber). Afrika, Afghanistan und Irak als Zukunft Europas, Asiens und Amerikas.
(...) Spitzt man die Dinge so zu wie Beckert und vor allem Offe, dann sind eigentlich keine Handlungsperspektiven zu erwarten. Da wir aber immer noch nicht in einer Luhmannschen Systemwelt leben, in der jede Intervention alles nur noch schlimmer machen würde und wir ja wissen, dass die Weltwirtschaftskrise nicht durch politische Herrschaft über die Märkte und ihre negativen Externalitäten entstanden ist, sondern aus durchaus planmäßiger, ja, planwirtschaftlicher Liberalisierung und Entgrenzung, gibt es natürlich Alternativen eines „radikalen Reformismus“ (Habermas), mit denen man es zumindest versuchen kann und muss, denn zum Handeln gibt es, da auch Nichthandeln Handeln ist, ohnehin keine Alternativen. (...)
So schnell waren Alternativen angesichts der ja noch völlig offenen Weltwirtschaftskrise nicht zur Hand, aber auch hier lag zumindest nahe, mit Habermas zu argumentieren, wenn ohnehin niemand definitiv wisse, was aus dem jetzt plötzlich ubiquitär gewordenen keynsianischen Handeln und Intervenieren werde und das Risiko für alle Alternativen, die Geld in den Markt pumpen würden, gleich sei, sei kaum einzusehen, warum die Investitionen ausgerechnet jetzt tauschwertorientiert (und im Interesse des Kapitals) eingesetzt werden sollten (Abwrackprämie, sekundäre Landesbanken, Bautenrenovierung) statt sie in langfristig wirksam bleibende Gebrauchwerte, in homeless people, Kindergärten, Schulen, Universitäten, Zeitungen, werbefreies Fernsehen usw. zu stecken.
(...) Empirisch muss die Demokratie heute mit der Weltgesellschaft rechnen und kann sich nicht mehr in den Nationalstaat zurückziehen, so ungemütlich das ist, denn sonst werden die wichtigsten Entscheidungen auch in den besten Demokratien bald nicht mehr vom Volk, sondern von transnationalen Eliten, die eigene Interessen verfolgen, getroffen. Und normativ gibt es zur Globalisierung der Demokratie sowieso keine Alternative, denn die westlich oder nordwestlich zentrierte Demokratie bedeutet nur für deren Bewohner den „Ausschluss von Ungleichheit“, aber setzt bis heute die Ungleichheit der anderen im Süden und im Osten voraus. Ein demokratischer Skandal (...).
(...) Auch beim Nationalismus und seinen aggressiven Ausprägungen (handelt es) schon lange nicht mehr um eine nahezu konkurrenzlose Zentralideologie, und sie deckt sich auch schon lange nicht mehr mit den Grenzen von Staaten, sondern hat sich, wie die Religion, selbst globalisiert. Die Entwicklung einer Welt und einer, übrigens durch und durch säkularen Weltkultur bringt ja die vielen (säkularen und religiösen, nationalen und kosmopolitischen) Kulturen nicht etwa zum Verschwinden, sondern überhaupt erst hervor und erzeugt fast täglich neue, oder neue alte (z. B. Altfriesisch als neue Schriftsprache).
Gute Frage, dass die Leute in Zürich von außen auf die EU blicken, ist selbst schon ein ziemlich kompliziertes völkerrechtliches und europarechtliches Problem, und als Europäer verstehen die Schweizer sich trotz aller Neutralität und Globalität ja sowieso. Vor allem gibt es kaum eine europäische Norm, die von der Schweiz trotz Nichtmitgliedschaft in der EU nicht in nationales Recht umgesetzt würde und sogar umgesetzt werden müsste (wegen der vielen Einzelverträge mit der EU). Außerdem haben die Schweizer jetzt sogar, wenn ich die Zeitungen richtig verfolgt habe, die Personenfreizügigkeit, die den materiellen Kern des Europäischen Bürgerrechts ausmacht. Da ist es fast schon komisch, dass sie kein Wahlrecht und keine Kommissions- und Ratsmitglieder haben. Aber ein bisschen blicken die Schweizer doch von außen auf die Union, und sie vergleichen sie zu Recht mit der Verfassung der Schweiz, die ja wie die Europäischen Verträge Unionsbürgerschaft (Eidgenossenschaft) und nationale Bürgerschaft (Kantonsbürgerschaft) von vornherein teilen, ihre Verfassung also mit einer Unterscheidung und nicht mit einer postulierten Einheit beginnen lassen. Aber dann sehen sie natürlich, dass auch eine solche föderale Verfassung wie in der Schweiz sehr radikal demokratisch sein kann, was die der EU gewiss nicht ist.
(...) Die soziale Lebenswelt, die uns, ob wir das wollen oder nicht, konstituiert, ist durch und durch modern und entzaubert, und sie enthält nun einmal alle Sinnressourcen, die es gibt. Die Lebenswelt ist eine unübersteigbare Totalitätskategorie. Sie enthält alles implizite Wissen, über das wir verfügen können. Anderes gibt es nicht. Deshalb sprudeln die lebensweltlichen Quellen einer durchrationalisierten Kultur ebenso in der Systemtheorie wie in der katholischen Theologie. Es ist also eher umgekehrt wie in dem viel zu oft zitierten Böckenfördesatz: jede noch so radikale, auch die islamistische Distanzierung von der modernen Gesellschaft lebt von deren säkularen Sinnressourcen und muss davon leben und, wie man sieht, kann auch davon leben. Noch die Kriegserklärung gegen die moderne Gesellschaft im Ganzen und die Selbstmordattentäter schöpfen ihre fatale Kraft allein aus den säkularen Sinnressourcen der modernen Lebenswelt, aus denen sie auch noch ihre religiösen und antimodernen Hoffnungen rekonstruieren müssen. Die moderne Lebenswelt ist in diesem Sinne unhintergehbar.
(...) (Es zeigt sich), wie fragil die kulturellen Grundlagen der Demokratie infolge der neoliberalen Konterrevolution geworden sind. In der Krise scheint die Bevölkerung nach rechts außen wegzukippen, schon deshalb, weil Politiker, die an der Macht und deren Köpfe vom Glauben an die Wunderkräfte des freien Weltmarkts verseucht sind, keine Alternative mehr entwickeln können und nur noch die immer kleiner werdende Schar der Globalisierungsgewinner repräsentieren. Das deckt sich beängstigend mit den Befunden (...) über den deutschen (und gesamteuropäischen) Rechtsradikalismus und die zumindest latent immer bedrohlicher werdende Lage im Osten.
(...)
Dienstag, 27. Januar 2015
Schulden, Schuldner, Schuld
Slavoj Zizek
Critics of our institutional democracy often complain that, as a rule, elections do not offer a true choice. What we mostly get is the choice between a center-Right and a center-Left party whose program is almost indistinguishable. Next Sunday, January 25, this will not be the case—as on June 17, 2012, the Greek voters are facing a real choice: the establishment on the one side; Syriza, the radical leftist coalition, on the other.
And, as is mostly the case, such moments of real choice throw the establishment into panic. They paint the image of social chaos, poverty and violence if the wrong choice wins. The mere possibility of a Syriza victory has sent ripples of fear through markets all around the world, and, as is usual in such cases, ideological prosopopoeia has its heyday: markets have begun to “talk,” as if they are living people, expressing their “worry” at what will happen if the elections fail to produce a government with a mandate to continue with the program of fiscal austerity.
An ideal is gradually emerging from this European establishment’s reaction to the threat of Syriza victory in Greece, the ideal best rendered by the title of Gideon Rachman’s comment in the Financial Times: “Eurozone’s weakest link is the voters.” In the establishment’s ideal world, Europe gets rid of this “weakest link” and experts gain the power to directly impose necessary economic measures; if elections take place at all, their function is just to confirm the consensus of experts.
From this perspective, the Greek elections cannot but appear as a nightmare. So how can this catastrophe be avoided? The obvious way would be to return the fright—to scare the Greek voters to death with the message, “You think you are suffering now? You ain’t seen nothin’ yet—wait for the Syriza victory and you will long for the bliss of the last years!”
The alternative is either Syriza stepping out (or being thrown out) of the European project, with unforeseeable consequences, or a “messy compromise” when both sides moderate their demands. Which raises another fear: not the fear of Syriza’s irrational behavior after their victory, but, on the contrary, the fear that Syriza will accept a rational messy compromise which will disappoint voters, so that discontent will continue, but this time not regulated and moderated by Syriza.
What maneuvering space will the eventual Syriza-led government have? To paraphrase President Bush, one should definitely not misunderestimate the destructive power of international capital, especially when it is combined with the sabotage of the corrupted and clientelist Greek state bureaucracy.
In such conditions, can a new government effetively impose radical changes? The trap that lurks here is clearly perceptible in Thomas Piketty’s Capital in the Twenty-First Century. For Piketty, capitalism has to be accepted as the only game in town, so the only feasible alternative is to allow the capitalist machinery to do its work in its proper sphere, and to impose egalitarian justice politically, by a democratic power which regulates the economic system and enforces redistribution.
Such a solution is utopian in the strictest sense of the term. Piketty is well aware that the model he proposes would only work if enforced globally, beyond the confines of nation-states (otherwise capital would flee to the states with lower taxes); such a global measure requires an already existing global power with the strength and authority to enforce it. However, such a global power is unimaginable within the confines of today’s global capitalism and the political mechanisms it implies. In short, if such a power were to exist, the basic problem would already have been resolved.
Plus what further measures would the global imposition of high taxes proposed by Piketty necessitate? Of course the only way out of this vicious cycle is simply to cut the Gordian knot and act. There are never perfect conditions for an act—every act by definition comes too early. But one has to begin somewhere, with a particular intervention; one just has to bear in mind the further complications that such an act will lead to.
And what to do with the enormous debt? European policy towards heavily indebted countries like Greece is the one of “extend and pretend” (extending the payback period, but pretending that all debts will eventually be paid). So why is the fiction of repayment so stubborn? It is not only that this fiction makes debt extension more acceptable to German voters; it is also not only that, while the write-off of the Greek debt may trigger similar demands from Portugal, Ireland, Spain. It is that those in power do not really want the debt fully repaid.
The debt providers and caretakers accuse the indebted countries of not feeling enough guilt—they are accused of feeling innocent. Their pressure fits perfectly what psychoanalysis calls superego. The paradox of the superego is that, as Freud saw it clearly, the more we obey its demands, the more we feel guilty.
Imagine a vicious teacher who gives to his pupils impossible tasks, and then sadistically jeers when he sees their anxiety and panic. The true goal of lending money to the debtor is not to get the debt reimbursed with a profit, but the indefinite continuation of the debt which keeps the debtor in permanent dependency and subordination.
Take the example of Argentina. A decade or so ago, the country decided to repay its debt to the IMF ahead of time (with the financial help from Venezuela), and the reaction of the IMF was surprising: Instead of being glad that it got its money back, the IMF (or, rather, its top representatives) expressed their worry that Argentina will use this new freedom and financial independence from international financial institutions to abandon tight financial politics and engage in careless spending.
Debt is an instrument to control and regulate the debtor, and, as such, it strives for its own expanded reproduction.
The only true solution is thus clear: since everyone knows Greece will never repay its debt, one will have to gather the courage and write the debt off. It can be done at a quite tolerable economic cost, just with political will. Such acts are our only hope to break out of the vicious cycle of cold Brussels neoliberal technocracy and anti-immigrant false passions. If we don’t act, others, from Golden Dawn to UKIP, will do it.
In his Notes Towards a Definition of Culture, the great conservative T.S. Eliot remarked that there are moments when the only choice is the one between heresy and non-belief, i.e., when the only way to keep a religion alive is to perform a sectarian split from its main corpse. This is our position today with regard to Europe: only a new “heresy” (represented at this moment by Syriza), a split from the European Union by Greece, can save what is worth saving in the European legacy: democracy, trust in people, egalitarian solidarity.
Aus: In this Times, 22.1.2015
Critics of our institutional democracy often complain that, as a rule, elections do not offer a true choice. What we mostly get is the choice between a center-Right and a center-Left party whose program is almost indistinguishable. Next Sunday, January 25, this will not be the case—as on June 17, 2012, the Greek voters are facing a real choice: the establishment on the one side; Syriza, the radical leftist coalition, on the other.
And, as is mostly the case, such moments of real choice throw the establishment into panic. They paint the image of social chaos, poverty and violence if the wrong choice wins. The mere possibility of a Syriza victory has sent ripples of fear through markets all around the world, and, as is usual in such cases, ideological prosopopoeia has its heyday: markets have begun to “talk,” as if they are living people, expressing their “worry” at what will happen if the elections fail to produce a government with a mandate to continue with the program of fiscal austerity.
An ideal is gradually emerging from this European establishment’s reaction to the threat of Syriza victory in Greece, the ideal best rendered by the title of Gideon Rachman’s comment in the Financial Times: “Eurozone’s weakest link is the voters.” In the establishment’s ideal world, Europe gets rid of this “weakest link” and experts gain the power to directly impose necessary economic measures; if elections take place at all, their function is just to confirm the consensus of experts.
From this perspective, the Greek elections cannot but appear as a nightmare. So how can this catastrophe be avoided? The obvious way would be to return the fright—to scare the Greek voters to death with the message, “You think you are suffering now? You ain’t seen nothin’ yet—wait for the Syriza victory and you will long for the bliss of the last years!”
The alternative is either Syriza stepping out (or being thrown out) of the European project, with unforeseeable consequences, or a “messy compromise” when both sides moderate their demands. Which raises another fear: not the fear of Syriza’s irrational behavior after their victory, but, on the contrary, the fear that Syriza will accept a rational messy compromise which will disappoint voters, so that discontent will continue, but this time not regulated and moderated by Syriza.
What maneuvering space will the eventual Syriza-led government have? To paraphrase President Bush, one should definitely not misunderestimate the destructive power of international capital, especially when it is combined with the sabotage of the corrupted and clientelist Greek state bureaucracy.
In such conditions, can a new government effetively impose radical changes? The trap that lurks here is clearly perceptible in Thomas Piketty’s Capital in the Twenty-First Century. For Piketty, capitalism has to be accepted as the only game in town, so the only feasible alternative is to allow the capitalist machinery to do its work in its proper sphere, and to impose egalitarian justice politically, by a democratic power which regulates the economic system and enforces redistribution.
Such a solution is utopian in the strictest sense of the term. Piketty is well aware that the model he proposes would only work if enforced globally, beyond the confines of nation-states (otherwise capital would flee to the states with lower taxes); such a global measure requires an already existing global power with the strength and authority to enforce it. However, such a global power is unimaginable within the confines of today’s global capitalism and the political mechanisms it implies. In short, if such a power were to exist, the basic problem would already have been resolved.
Plus what further measures would the global imposition of high taxes proposed by Piketty necessitate? Of course the only way out of this vicious cycle is simply to cut the Gordian knot and act. There are never perfect conditions for an act—every act by definition comes too early. But one has to begin somewhere, with a particular intervention; one just has to bear in mind the further complications that such an act will lead to.
And what to do with the enormous debt? European policy towards heavily indebted countries like Greece is the one of “extend and pretend” (extending the payback period, but pretending that all debts will eventually be paid). So why is the fiction of repayment so stubborn? It is not only that this fiction makes debt extension more acceptable to German voters; it is also not only that, while the write-off of the Greek debt may trigger similar demands from Portugal, Ireland, Spain. It is that those in power do not really want the debt fully repaid.
The debt providers and caretakers accuse the indebted countries of not feeling enough guilt—they are accused of feeling innocent. Their pressure fits perfectly what psychoanalysis calls superego. The paradox of the superego is that, as Freud saw it clearly, the more we obey its demands, the more we feel guilty.
Imagine a vicious teacher who gives to his pupils impossible tasks, and then sadistically jeers when he sees their anxiety and panic. The true goal of lending money to the debtor is not to get the debt reimbursed with a profit, but the indefinite continuation of the debt which keeps the debtor in permanent dependency and subordination.
Take the example of Argentina. A decade or so ago, the country decided to repay its debt to the IMF ahead of time (with the financial help from Venezuela), and the reaction of the IMF was surprising: Instead of being glad that it got its money back, the IMF (or, rather, its top representatives) expressed their worry that Argentina will use this new freedom and financial independence from international financial institutions to abandon tight financial politics and engage in careless spending.
Debt is an instrument to control and regulate the debtor, and, as such, it strives for its own expanded reproduction.
The only true solution is thus clear: since everyone knows Greece will never repay its debt, one will have to gather the courage and write the debt off. It can be done at a quite tolerable economic cost, just with political will. Such acts are our only hope to break out of the vicious cycle of cold Brussels neoliberal technocracy and anti-immigrant false passions. If we don’t act, others, from Golden Dawn to UKIP, will do it.
In his Notes Towards a Definition of Culture, the great conservative T.S. Eliot remarked that there are moments when the only choice is the one between heresy and non-belief, i.e., when the only way to keep a religion alive is to perform a sectarian split from its main corpse. This is our position today with regard to Europe: only a new “heresy” (represented at this moment by Syriza), a split from the European Union by Greece, can save what is worth saving in the European legacy: democracy, trust in people, egalitarian solidarity.
Aus: In this Times, 22.1.2015
Liberalismus / Fundamtalismus
Slavoj Zizek
(...) Das Paradoxe ist, dass der Liberalismus nicht stark genug ist, sie vor dem fundamentalistischen Ansturm zu retten. Fundamentalismus ist eine Reaktion - eine falsche, mystifizierende Reaktion natürlich - auf eine wirkliche Schwäche des Liberalismus. Deswegen wird sie vom Liberalismus immer wieder neu geschaffen. Sich selbst überlassen, wird sich der Liberalismus langsam unterminieren. Das Einzige, was seine Grundwerte retten kann, ist eine erneuerte Linke. Damit sein Vermächtnis überleben kann, braucht der Liberalismus die brüderliche Hilfe der radikalen Linken. Das ist der einzige Weg, denFundamentalismus zu besiegen, ihm den Boden zu entziehen. Über eine Antwort auf die Pariser Morde nachzudenken bedeutet, die Selbstgefälligkeit eines permissiven Liberalen aufzugeben und zu akzeptieren, dass der Konflikt zwischen liberaler Toleranz und Fundamentalismus letztlich ein falscher Konflikt ist - ein Teufelskreis zwischen zwei Polen, die sich gegenseitig schaffen und bedingen. Was Max Horkheimer schon in den 1930er-Jahren über Faschismus und Kapitalismus gesagt hat - dass die, die nicht kritisch über den Kapitalismus sprechen wollen, über den Faschismus schweigen sollen -, das sollte auch auf den heutigen Fundamentalismus angewendet werden: Wer nicht kritisch über die liberale Demokratie reden will, der sollte über den religiösen Fundamentalismus schweigen. (...) ich habe großen Respekt vor ehrlichen liberalen Konservativen wie Houellebecq, Finkielkraut oder Sloterdijk in Deutschland. Man kann von ihnen mehr lernen als von fortschrittlichen Liberalen wie Habermas: Ehrliche Konservative scheuen sich nicht davor, die Blockade einzugestehen, in der wir uns befinden. Houellebecqs "Elementarteilchen" ist für mich das verheerendste Porträt der sexuellen Revolution der Sechzigerjahre. Er beschreibt, wie der permissive Hedonismus in ein obszönes Über-Ich-Universum umschlägt, in dem Lust zur Pflicht wird. Sogar sein Antiislamismus ist verfeinerter, als es erscheinen mag: Es ist ihm klar, dass das wahre Problem nicht die muslimische Bedrohung von außen ist, sondern unsere eigene Dekadenz. Vor langer Zeit hat Nietzsche erkannt, dass die westliche Kultur sich auf den "letzten Menschen" zubewegt, eine apathische Kreatur ohne große Leidenschaft oder Verantwortung. Unfähig zu träumen, des Lebens müde, geht er kein Risiko ein, sucht nur Bequemlichkeit und Sicherheit, einen Ausdruck von gegenseitiger Toleranz: "Ein wenig Gift ab und zu: Das macht angenehme Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen Sterben. Man hat sein Lüstchen für den Tag und sein Lüstchen für die Nacht: Aber man ehrt die Gesundheit. ,Wir haben das Glück erfunden', sagen die letzten Menschen und blinzeln."(...)
Auszug aus einem im Standard erschienenen Interview DER STANDARD, 24.1.2015
(...) Das Paradoxe ist, dass der Liberalismus nicht stark genug ist, sie vor dem fundamentalistischen Ansturm zu retten. Fundamentalismus ist eine Reaktion - eine falsche, mystifizierende Reaktion natürlich - auf eine wirkliche Schwäche des Liberalismus. Deswegen wird sie vom Liberalismus immer wieder neu geschaffen. Sich selbst überlassen, wird sich der Liberalismus langsam unterminieren. Das Einzige, was seine Grundwerte retten kann, ist eine erneuerte Linke. Damit sein Vermächtnis überleben kann, braucht der Liberalismus die brüderliche Hilfe der radikalen Linken. Das ist der einzige Weg, denFundamentalismus zu besiegen, ihm den Boden zu entziehen. Über eine Antwort auf die Pariser Morde nachzudenken bedeutet, die Selbstgefälligkeit eines permissiven Liberalen aufzugeben und zu akzeptieren, dass der Konflikt zwischen liberaler Toleranz und Fundamentalismus letztlich ein falscher Konflikt ist - ein Teufelskreis zwischen zwei Polen, die sich gegenseitig schaffen und bedingen. Was Max Horkheimer schon in den 1930er-Jahren über Faschismus und Kapitalismus gesagt hat - dass die, die nicht kritisch über den Kapitalismus sprechen wollen, über den Faschismus schweigen sollen -, das sollte auch auf den heutigen Fundamentalismus angewendet werden: Wer nicht kritisch über die liberale Demokratie reden will, der sollte über den religiösen Fundamentalismus schweigen. (...) ich habe großen Respekt vor ehrlichen liberalen Konservativen wie Houellebecq, Finkielkraut oder Sloterdijk in Deutschland. Man kann von ihnen mehr lernen als von fortschrittlichen Liberalen wie Habermas: Ehrliche Konservative scheuen sich nicht davor, die Blockade einzugestehen, in der wir uns befinden. Houellebecqs "Elementarteilchen" ist für mich das verheerendste Porträt der sexuellen Revolution der Sechzigerjahre. Er beschreibt, wie der permissive Hedonismus in ein obszönes Über-Ich-Universum umschlägt, in dem Lust zur Pflicht wird. Sogar sein Antiislamismus ist verfeinerter, als es erscheinen mag: Es ist ihm klar, dass das wahre Problem nicht die muslimische Bedrohung von außen ist, sondern unsere eigene Dekadenz. Vor langer Zeit hat Nietzsche erkannt, dass die westliche Kultur sich auf den "letzten Menschen" zubewegt, eine apathische Kreatur ohne große Leidenschaft oder Verantwortung. Unfähig zu träumen, des Lebens müde, geht er kein Risiko ein, sucht nur Bequemlichkeit und Sicherheit, einen Ausdruck von gegenseitiger Toleranz: "Ein wenig Gift ab und zu: Das macht angenehme Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen Sterben. Man hat sein Lüstchen für den Tag und sein Lüstchen für die Nacht: Aber man ehrt die Gesundheit. ,Wir haben das Glück erfunden', sagen die letzten Menschen und blinzeln."(...)
Auszug aus einem im Standard erschienenen Interview DER STANDARD, 24.1.2015
Syriza und das "Ende des Neoliberalismus"
Paul Mason
Greece shows what can happen when the young revolt against corrupt elites
The rise of Syriza can’t just be explained by the crisis in the eurozone: a youthful generation of professionals has had enough of tax-evading oligarchs
At Syriza’s HQ, the cigarette smoke in the cafe swirls into shapes. If those could reflect the images in the minds of the men hunched over their black coffees, they would probably be the faces of Che Guevara, or Aris Velouchiotis, the second world war Greek resistance fighter. These are veteran leftists who expected to end their days as professors of such esoteric subjects as development economics, human rights law and who killed who in the civil war. Instead, they are on the brink of power.
Black coffee and hard pretzels are all the cafe provides, together with the possibility of contracting lung cancer. But on the eve of the vote, I found its occupants confident, if bemused.
However, Syriza HQ is not the place to learn about radicalisation. The fact that a party with a “central committee” even got close to power has nothing to do with a sudden swing to Marxism in the Greek psyche. It is, instead, testimony to three things: the strategic crisis of the eurozone, the determination of the Greek elite to cling to systemic corruption, and a new way of thinking among the young.
Of these, the eurozone’s crisis is easiest to understand – because its consequences can be read so easily in the macroeconomic figures. The IMF predicted Greece would grow as the result of its aid package in 2010. Instead, the economy has shrunk by 25%. Wages are down by the same amount. Youth unemployment stands at 60% – and that is among those who are still in the country.
So the economic collapse – about which all Greeks, both right and leftwing, are bitter – is not just seen as a material collapse. It demonstrated complete myopia among the European policy elite. In all of drama and comedy there is no figure more laughable as a rich man who does not know what he is doing. For the past four years the troika – the European Commission, IMF and European Central Bank – has provided Greeks with just such a spectacle.
As for the Greek oligarchs, their misrule long predates the crisis. These are not only the famous shipping magnates, whose industry pays no tax, but the bosses of energy and construction groups and football clubs. As one eminent Greek economist told me last week: “These guys have avoided paying tax through the Metaxas dictatorship, the Nazi occupation, a civil war and a military junta.” They had no intention of paying taxes as the troika began demanding Greece balance the books after 2010, which is why the burden fell on those Greeks trapped in the PAYE system – a workforce of 3.5 million that fell during the crisis to just 2.5 million.
The oligarchs allowed the Greek state to become a battleground of conflicting interests. As Yiannis Palaiologos, a Greek journalist, put it in his recent book on the crisis, there is “a pervasive irresponsibility, a sense that no one is in charge, no one is willing or able to act as a custodian of the common good”.
But their most corrosive impact is on the layers of society beneath them. “There goes X,” Greeks say to each other as the rich walk to their tables in trendy bars. “He is controlling Y in parliament and having an affair with Z.” It’s like a soap opera, but for real, and too many Greeks are deferentially mesmerised by it.
Over three general elections Syriza’s achievement has been to politicise the issue of the oligarchy. The Greek word for them is “the entangled” – and they were, above all, entangled in the centrist political duopoly. Because Syriza owes them nothing, its leader, Alexis Tsipras, was able to give the issue of corruption and tax evasion both rhetorical barrels – and this resonated massively among the young.
And here’s why. In a functional market economy, the classic couple in a posh restaurant are young and close in age. In my travels through the eurocrisis – from Dublin to Athens – I have noticed that the classic couple in a dysfunctional economy is a grey-haired man with a twentysomething woman. It becomes a story of old men with oligarchic power flaunting their wealth and influence without opprobrium.
The youth are usurped when oligarchy, corruption and elite politics stifle meritocracy. The sudden emergence of small centrist parties led by charismatic young professionals in Greece is testimony that this generation has had enough. But by the time they got their act together, Tsipras was already there.
From outside, Greece looks like a giant negative: but what lies beneath the rise of the radical left is the emergence of positive new values – among a layer of young people much wider than Syriza’s natural support base. These are the classic values of the networked generation: self-reliance, creativity, the willingness to treat life as a social experiment, a global outlook.
When Golden Dawn emerged as a frightening, violent neo-Nazi force, with – at one point – 14% support, what struck the networked youth was how many of the political elite pandered to it. People who had read its history could see a replay of late Weimar flickering before their eyes: delusional Nazis feted by big businessmen craving for order.
I’ve reported the Greek crisis since it began, and what changed in 2015 was this: Syriza had already won the solid support of about 25% of voters on the issues of Europe and economics. But now a further portion of the Greek electorate, above all the young, are signalling they’ve had enough of corruption and elites.
Greece, though an outlier, has always been a signifier, too: this is what happens when modern capitalism fails. For there are inept bureaucrats and corrupt elites everywhere: only the trillions of dollars created and pumped into their nations’ economies to avoid collapse shields them from the scrutiny they have received in Greece.
We face two years of electoral uncertainty in Europe, with the far left or the hard right now vying for power in Spain, France and the Netherlands. Some are proclaiming this “the end of neoliberalism”.
I’m not sure of that. All that’s certain is that Greece shows how it could end.
Paul Mason: The Guardian, Sunday 25 January 2015
Greece shows what can happen when the young revolt against corrupt elites
The rise of Syriza can’t just be explained by the crisis in the eurozone: a youthful generation of professionals has had enough of tax-evading oligarchs
At Syriza’s HQ, the cigarette smoke in the cafe swirls into shapes. If those could reflect the images in the minds of the men hunched over their black coffees, they would probably be the faces of Che Guevara, or Aris Velouchiotis, the second world war Greek resistance fighter. These are veteran leftists who expected to end their days as professors of such esoteric subjects as development economics, human rights law and who killed who in the civil war. Instead, they are on the brink of power.
Black coffee and hard pretzels are all the cafe provides, together with the possibility of contracting lung cancer. But on the eve of the vote, I found its occupants confident, if bemused.
However, Syriza HQ is not the place to learn about radicalisation. The fact that a party with a “central committee” even got close to power has nothing to do with a sudden swing to Marxism in the Greek psyche. It is, instead, testimony to three things: the strategic crisis of the eurozone, the determination of the Greek elite to cling to systemic corruption, and a new way of thinking among the young.
Of these, the eurozone’s crisis is easiest to understand – because its consequences can be read so easily in the macroeconomic figures. The IMF predicted Greece would grow as the result of its aid package in 2010. Instead, the economy has shrunk by 25%. Wages are down by the same amount. Youth unemployment stands at 60% – and that is among those who are still in the country.
So the economic collapse – about which all Greeks, both right and leftwing, are bitter – is not just seen as a material collapse. It demonstrated complete myopia among the European policy elite. In all of drama and comedy there is no figure more laughable as a rich man who does not know what he is doing. For the past four years the troika – the European Commission, IMF and European Central Bank – has provided Greeks with just such a spectacle.
As for the Greek oligarchs, their misrule long predates the crisis. These are not only the famous shipping magnates, whose industry pays no tax, but the bosses of energy and construction groups and football clubs. As one eminent Greek economist told me last week: “These guys have avoided paying tax through the Metaxas dictatorship, the Nazi occupation, a civil war and a military junta.” They had no intention of paying taxes as the troika began demanding Greece balance the books after 2010, which is why the burden fell on those Greeks trapped in the PAYE system – a workforce of 3.5 million that fell during the crisis to just 2.5 million.
The oligarchs allowed the Greek state to become a battleground of conflicting interests. As Yiannis Palaiologos, a Greek journalist, put it in his recent book on the crisis, there is “a pervasive irresponsibility, a sense that no one is in charge, no one is willing or able to act as a custodian of the common good”.
But their most corrosive impact is on the layers of society beneath them. “There goes X,” Greeks say to each other as the rich walk to their tables in trendy bars. “He is controlling Y in parliament and having an affair with Z.” It’s like a soap opera, but for real, and too many Greeks are deferentially mesmerised by it.
Over three general elections Syriza’s achievement has been to politicise the issue of the oligarchy. The Greek word for them is “the entangled” – and they were, above all, entangled in the centrist political duopoly. Because Syriza owes them nothing, its leader, Alexis Tsipras, was able to give the issue of corruption and tax evasion both rhetorical barrels – and this resonated massively among the young.
And here’s why. In a functional market economy, the classic couple in a posh restaurant are young and close in age. In my travels through the eurocrisis – from Dublin to Athens – I have noticed that the classic couple in a dysfunctional economy is a grey-haired man with a twentysomething woman. It becomes a story of old men with oligarchic power flaunting their wealth and influence without opprobrium.
The youth are usurped when oligarchy, corruption and elite politics stifle meritocracy. The sudden emergence of small centrist parties led by charismatic young professionals in Greece is testimony that this generation has had enough. But by the time they got their act together, Tsipras was already there.
From outside, Greece looks like a giant negative: but what lies beneath the rise of the radical left is the emergence of positive new values – among a layer of young people much wider than Syriza’s natural support base. These are the classic values of the networked generation: self-reliance, creativity, the willingness to treat life as a social experiment, a global outlook.
When Golden Dawn emerged as a frightening, violent neo-Nazi force, with – at one point – 14% support, what struck the networked youth was how many of the political elite pandered to it. People who had read its history could see a replay of late Weimar flickering before their eyes: delusional Nazis feted by big businessmen craving for order.
I’ve reported the Greek crisis since it began, and what changed in 2015 was this: Syriza had already won the solid support of about 25% of voters on the issues of Europe and economics. But now a further portion of the Greek electorate, above all the young, are signalling they’ve had enough of corruption and elites.
Greece, though an outlier, has always been a signifier, too: this is what happens when modern capitalism fails. For there are inept bureaucrats and corrupt elites everywhere: only the trillions of dollars created and pumped into their nations’ economies to avoid collapse shields them from the scrutiny they have received in Greece.
We face two years of electoral uncertainty in Europe, with the far left or the hard right now vying for power in Spain, France and the Netherlands. Some are proclaiming this “the end of neoliberalism”.
I’m not sure of that. All that’s certain is that Greece shows how it could end.
Paul Mason: The Guardian, Sunday 25 January 2015
Ein neuer Antisemitismus
Isolde Charim
Paradoxer Fusionsantisemitismus
Eindeutig feststellen lässt sich nur: Es gibt
eine eminente Unübersichtlichkeit. Da gibt es die umfassende
Verwirrtheit in Bezug auf den Islam. Ist er eine gute oder eine böse
Religion? Ist der Islamismus dessen genuine Folge oder Pervertierung?
Eine politische Debatte, die im Kostüm einer theologischen Debatte
auftritt. Nun hat die Verwirrtheit auch das Judentum erfasst. Also eher
den Bezug zum Judentum. Also den Antisemitismus.
Spätestens
seit den blutigen Pariser Ereignissen und punktgenau zum Gedenken an
die Befreiung von Auschwitz kann man sagen: Antisemitismus ist wieder
ein Thema in Europa. (Man wusste es schon vorher, aber nicht so
geballt.) Vor allem in Frankreich. Und wir sehen staunenden Auges:
Dieser Antisemitismus umfasst nicht nur verschiedene, sondern auch
widersprüchliche Formen.
Da ist zum einen der
alte, der "klassische" Antisemitismus. Dieser war einstmals - nach dem
alten Antijudaismus des Christentums - der neue Antisemitismus. Seine
Träger waren Nationalisten aller Couleur, die im "Juden" den
vaterlandslosen Gesellen sahen. Den Juden wurde damit unterstellt,
"nicht ganz" zu sein: nicht ganz Deutsche, nicht ganz Franzosen. Sie
wurden also ausgegrenzt, weil sie keine eindeutige, keine volle
Identität zu haben schienen. Dieser Antisemitismus ist mittlerweile alt
geworden. Aber vergangen ist er keineswegs.
Eine
andere Form ist der islamische Antisemitismus, der im Gepäck
muslimischer Migranten nach Europa kam. Es ist dies ein Antiisraelismus,
der ganz andere Ursachen hat. Man könnte ihm ein Fundament zusprechen,
eine Rationalität - gründet er doch in der Ablehnung der konkreten
israelischen Politik. In einer mörderischen Erweiterung wurde aus dieser
politischen Haltung aber ein Ressentiment, ein neuer Antisemitismus.
Irrational wie jedes Ressentiment. Dieses richtet sich gegen ein ganz
anderes Judenbild: Er richtet sich gegen die Juden, denen eine allzu
eindeutige, volle Identität unterstellt wird.
In
diesem Kontext kann man sich noch einmal der beliebten Frage zuwenden:
Sind die Muslime die neuen Juden, die Juden unserer Zeit? Man muss
zurückfragen: Was unterstellt die Islamophobie den Muslimen? Sie
unterstellt ihnen eine volle Identität. Islamophobie ist geradezu das
Phantasma, Muslime würden - in Rivalität zur eigenen - eine eindeutige,
volle Identität verkörpern. Und genau deshalb sind sie nicht die neuen
Juden. Die Muslime sind nicht die Juden unserer Zeit. Alter
Antisemitismus und Islamophobie sind zwar beide Ressentiments, aber aus
unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Gründen. Demzufolge ist die
fantasierte Bedrohung, die von ihnen ausgehen soll, auch eine andere:
Den Juden, den nicht vollen Subjekten, wurde vorgeworfen, die
Gesellschaft zu zersetzen, die "einheitlichen" Muslime hingegen drohen,
den Westen zu "erobern".
Die Muslime sind nicht
die Juden unserer Zeit. Man könnte sogar sagen: Die Muslime sind die
Israelis unserer Zeit - zumindest ressentimentlogisch. Das könnte man
sagen, wenn es nicht so paradox wäre.
Nach den
Pariser Attentaten hätte man eine Solidarisierung all jener erwarten
können, die sich vom Islamismus bedroht fühlen. Aber die perverse Logik
des Ressentiments folgt keiner rationalen Logik. So hat der
islamistische Terror zu einem Anstieg des Antisemitismus geführt. Wobei
die "Eingeborenen" - ob islamophob oder nicht - die Logik des
muslimischen Antisemitismus mit der des alten, nationalistischen
kombinieren.
"Fusionsantisemitismus" nennt Michel
Gurfinkiel diese Verwirrung. Dies reproduziert ein altes Paradox in
neuer Form: Waren die Juden schon früher Verkörperung von Kapitalismus
und Kommunismus gleichzeitig, so sind sie jetzt volle und nicht volle
Identität, nationalreligiöse Eindeutigkeit und nicht volle, offene
Uneindeutigkeit gleichzeitig. Ein auswegloses Doublebind: Alles kann
gegen sie verwendet werden. Oder anders gesagt: Für jeden ist etwas
dabei.
taz, 27.1.2015
Griechenland nach der Wahl 2015
Paul Krugmann
Alexis
Tsipras, leader of the left-wing Syriza coalition, is about to become
prime minister of Greece. He will be the first European leader elected
on an explicit promise to challenge the austerity policies that have
prevailed since 2010. And there will, of course, be many people warning
him to abandon that promise, to behave “responsibly.”
So how has that responsibility thing worked out so far?
To
understand the political earthquake in Greece, it helps to look at
Greece’s May 2010 “standby arrangement” with the International Monetary
Fund, under which the so-called troika — the I.M.F., the European
Central Bank and the European Commission — extended loans to the country
in return for a combination of austerity and reform. It’s a remarkable
document, in the worst way. The troika, while pretending to be
hardheaded and realistic, was peddling an economic fantasy. And the
Greek people have been paying the price for those elite delusions.
You
see, the economic projections that accompanied the standby arrangement
assumed that Greece could impose harsh austerity with little effect on
growth and employment. Greece was already in recession when the deal was
reached, but the projections assumed that this downturn would end soon —
that there would be only a small contraction in 2011, and that by 2012
Greece would be recovering. Unemployment, the projections conceded,
would rise substantially, from 9.4 percent in 2009 to almost 15 percent
in 2012, but would then begin coming down fairly quickly.
What
actually transpired was an economic and human nightmare. Far from
ending in 2011, the Greek recession gathered momentum. Greece didn’t hit
the bottom until 2014, and by that point it had experienced a
full-fledged depression, with overall unemployment rising to 28 percent
and youth unemployment rising to almost 60 percent. And the recovery now
underway, such as it is, is barely visible, offering no prospect of
returning to precrisis living standards for the foreseeable future.
What
went wrong? I fairly often encounter assertions to the effect that
Greece didn’t carry through on its promises, that it failed to deliver
the promised spending cuts. Nothing could be further from the truth. In
reality, Greece imposed savage cuts in public services, wages of
government workers and social benefits. Thanks to repeated further waves
of austerity, public spending was cut much more than the original
program envisaged, and it’s currently about 20 percent lower than it was
in 2010.
Yet
Greek debt troubles are if anything worse than before the program
started. One reason is that the economic plunge has reduced revenues:
The Greek government is collecting a substantially higher share of
G.D.P. in taxes than it used to, but G.D.P. has fallen so quickly that
the overall tax take is down. Furthermore, the plunge in G.D.P. has
caused a key fiscal indicator, the ratio of debt to G.D.P., to keep
rising even though debt growth has slowed and Greece received some
modest debt relief in 2012.
Why
were the original projections so wildly overoptimistic? As I said,
because supposedly hardheaded officials were in reality engaged in
fantasy economics. Both the European Commission and the European Central
Bank decided to believe in the confidence fairy — that is, to claim
that the direct job-destroying effects of spending cuts would be more
than made up for by a surge in private-sector optimism. The I.M.F. was
more cautious, but it nonetheless grossly underestimated the damage
austerity would do.
And
here’s the thing: If the troika had been truly realistic, it would have
acknowledged that it was demanding the impossible. Two years after the
Greek program began, the I.M.F. looked for historical examples where
Greek-type programs, attempts to pay down debt through austerity without
major debt relief or inflation, had been successful. It didn’t find
any.
So
now that Mr. Tsipras has won, and won big, European officials would be
well advised to skip the lectures calling on him to act responsibly and
to go along with their program. The fact is they have no credibility;
the program they imposed on Greece never made sense. It had no chance of
working.
If
anything, the problem with Syriza’s plans may be that they’re not
radical enough. Debt relief and an easing of austerity would reduce the
economic pain, but it’s doubtful whether they are sufficient to produce a
strong recovery. On the other hand, it’s not clear what more any Greek
government can do unless it’s prepared to abandon the euro, and the
Greek public isn’t ready for that.
Still,
in calling for a major change, Mr. Tsipras is being far more realistic
than officials who want the beatings to continue until morale improves.
The rest of Europe should give him a chance to end his country’s
nightmare.
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