Anstatt die Undarstellbarkeit des Volkes als Wesenszug der Demokratie auszugeben, ist es entscheidend, dass die Demokratie die Frage nach ihrer Selbstdarstellung permanent stellt. In Zeiten, in denen das «Wir» des Volkes definiert schien, waren es gerade die Ausgeschlossenen (die Zugezogenen, die Frauen, die Besitzlosen usw.), die nicht einfach nur in die bestehende Repräsentation einbezogen werden wollten, sondern der Formel «Wir, das Volk» einen gänzlich neuen Sinn gaben.
Für genau diese Möglichkeit der Neukonfiguration des Volkes steht der alte Name der Demokratie. Wenn sich politische Akteure im Namen aller über eine bestehende Repräsentation des Volkes hinwegsetzen, wie immer wieder zu beobachten war, entleeren sie nicht nur die Mitte des – alten, «falschen» – Volkes, sondern erinnern daran, dass diesem ein imaginärer Bezugspunkt eingetragen ist, der umstritten und veränderbar bleibt. Das Volk der Volksherrschaft spricht nicht nur «im Namen des Volkes», sondern gibt sich auch einen neuen Namen – und sei es, dass es sich als Verbund der «Namenlosen» begreift und sich Masken aufsetzt. (Felix Trautmann)
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