(nach W. Fjodorow)
W. Fjodorow, Philosoph, Moskau
Der Ende des 19. Jahrhunderts lebende russische Philosoph
W. Fjodorow war der Meinung, das einzige würdige Ziel der lebenden
Menschheit sei die Auferweckung aller in der Vergangenheit
gestorbenen Menschen. Die Lebenden hatten eine unauslöschliche
Schuld jenen gegenüber, die in der Vergangenheit gestorben seien,
und diese Schuld werde so lange nicht verschwinden, bis nicht
alle Toten bis zum letzten Mann wieder auferweckt worden seien.
In diesem Projekt wird der Tod als etwas aufgefasst, das nicht
sein darf, als Unglück, das die gesamte Menschheit ereilt, und
als Ungerechtigkeit, die überwunden werden kann, wenn alle Lebenden
alle ihre Kräfte konzentrieren.
Diese Theorie bekam den Namen "Philosophie der gemeinsamen
Sache" und war in russischen Philosophen- und Intellektuellenkreisen
jener Zeit (Ende des 19. - Anfang des 20. Jahrhunderts)
sehr verbreitet.
Dieser Name scheint uns einen Schlüssel zum Verständnis des
Sinns und Einflusses dieses Projekts zu geben. Das russische
Denken drehte sich stets um die Suche nach einer Idee, die dem
Leben der Menschheit als einem Ganzen Sinn geben würde, nach der
großen Idee, um die sich die Menschheit scharen und in deren
Verwirklichung sie, die doch aus einzelnen Menschen besteht, sich
als einen ganzen, lebendigen Organismus begreifen wtirde.
Diesem Gedanken zufolge kam es nur darauf an, dieses universale
Ziel zu finden, das die Menschen nach seiner Entdeckung für immer
als Dauerprojekt ihrer Selbstverwirklichung annehmen würden.
Dieses Ziel wäre von da an ihre "gemeinsame Sache", und nach
Fjodorow war eben die Auferweckung aller Toten das einzige Ziel,
was der Menschheit den Sinn ihres Daseins geben konnte.
Ilya und Emilia Kabakov - Palast der Projekte - "Auferstehung der Toten" |
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