Jemand wird getötet. Osama bin Laden. Die Auftraggeber sehen dabei via Bildübertragung zu: der Präsident der Vereinigten Staaten, der Viszepräsident, der Verteidigungsminister. Die einzige emotionale Reaktion zeigt eine Frau. Hillary Clinton, die Außenministerin.
manfred schneider Die welthistorische Dimension dieses Ereignisses liest sich indessen an dem Foto ab, das in den vergangenen Tagen durch die Weltöffentlichkeit ging: Das Bild dokumentiert, wie der amerikanische Präsident und seine Mitarbeiter im Weißen Haus den nächtlichen Überfall der Navy Seals auf dem Territorium Pakistans live verfolgen. Das Foto gibt den Blick auf den Feldherrnhügel des 21. Jahrhunderts frei. Diese Blitzaktion und der dazugehörige Konflikt, für die keine der sauber gefügten Begriffe des internationalen Rechts mehr zu passen scheinen, bildet eine so komplexe symbolische, mediale und politische Botschaft, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis wir auf der Höhe dieser Ereignisse denken können.
Die globale Struktur des Terrorismus, der seinen Schrecken unbekümmert um nationale Rechte und Gewährleistungen verbreitet, der die Unterscheidung von militärischen und zivilen Personen, von Schuld und Unschuld ignoriert, ist das zugleich moderne wie archaische Gegenbild zu einer Politik, die sich bei der Verfolgung ihrer Interessen und Ziele an kein internationales Recht mehr hält.
Die Übertragung des Militäreinsatzes auf fremden Territorium via Satelliten macht noch einmal klar, dass die Weltmacht USA nicht nur global, indifferent gegenüber Souveränitätsrechten, sondern auch orbital agiert, dass der von Flugmaschinen, Raketen und Nachrichtenautomaten bevölkerte Himmel mit der terrestrischen Einflusssphäre verschmolzen ist.
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