Bettina Hamilton-Irvine
Der Aufstieg der Autokraten im demokratischen Mäntelchen
In Europa drängen rechtsradikale Parteien an die Macht, weltweit bröckeln die demokratischen Normen. Erleben wir gerade das Ende der liberalen Weltordnung? Serie «Demokratie unter Druck», Folge 1.
Republik 01.02.2025
Erstaunlich war weniger, was Viktor Orbán an einem heissen Sommertag vor gut zehn Jahren in einer mittlerweile berüchtigten Rede sagte. Erstaunlich war vielmehr, wie er es sagte. Der neue Staat, den er aufbauen werde, erklärte der ungarische Ministerpräsident im Juli 2014, sei «ein illiberaler Staat, ein nicht liberaler Staat».
Orbán war vier Jahre zuvor an die Macht zurückgekehrt und hatte seither nicht den Hauch eines Zweifels daran gelassen, dass er bei der Entwicklung Ungarns auf die Grundprinzipien des Liberalismus pfeifen würde. Der inhaltliche Teil seiner Rede war also nicht neu.
Überraschend war hingegen, wie explizit Orbán sein illiberales politisches System als ein solches bezeichnete. Welcher Führer eines demokratisch organisierten Staates gibt schon offen zu, dass er die Freiheit seiner Bürger einschränken und sein Land auf den Weg Richtung Autokratie schicken wird? Selbst für Orbán waren das neue Töne.
Seine Rede sorgte weit über Ungarn hinaus für Irritation. Aber damals ahnte die Welt noch nicht, dass dieser Moment eine Wende markieren und die darauffolgende demokratische Erosion rund um den Globus bis heute andauern würde.
Nach Ungarn folgten Polen und die Türkei, und bald begannen auch in den USA die demokratischen Normen zu bröckeln. In Deutschland, Frankreich und Österreich drängen rechtsradikale Parteien mit populistischer und nationalistischer Rhetorik an die Macht. Und Chinas Modell des autoritären Kapitalismus fordert die liberale Demokratie weltweit zunehmend heraus.
Heute kommen wir deshalb um die Frage nicht mehr herum: Erleben wir gerade das Ende der liberalen Weltordnung?
Alle Macht der Exekutive
Doch bevor wir uns mit dieser düsteren Frage auseinandersetzen können, müssen wir eine andere Frage klären: Was ist eigentlich eine illiberale Demokratie? Ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst?
Die Antwort auf die zweite Frage lautet: Jein. Fareed Zakaria, der den Begriff der «illiberalen Demokratie» 1997 mit einem Artikel im Magazin «Foreign Affairs» geprägt hat, meint damit Regimes, die zwar demokratisch gewählt sind, aber «systematisch verfassungsmässige Beschränkungen ihrer Macht ignorieren und ihren Bürgerinnen grundlegende Rechte und Freiheiten vorenthalten».
In illiberalen Demokratien konzentriert sich sehr viel Macht in der Exekutive – die gleichzeitig alles dafür tut, um die anderen Gewalten zu schwächen oder für sich zu gewinnen: das Parlament, die Justiz, aber auch die vierte Gewalt, die Medien. An der Spitze illiberaler Demokratien steht oft ein charismatischer Anführer, der behauptet, den Willen des Volkes zu verkörpern – und der gleichzeitig alle ihm zur Verfügung stehenden Hebel benutzt, um seine eigene Macht zu festigen und die Opposition zu schwächen. Die Rechte von Minderheiten werden eingeschränkt, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte missachtet. Demokratische Institutionen werden Schritt für Schritt von innen heraus zerlegt.
Illiberale Demokratien sind im Grunde verkappte Autokratien im demokratischen Mäntelchen.
Ungarn, der Posterboy des Illiberalismus
So viel zur Theorie. In der Praxis treten illiberale Demokratien in unterschiedlicher Ausprägung auf, von «beinahe liberal» bis «unverkennbar autokratisch».
Ungarn ist zweifellos der Posterboy des Illiberalismus – ein Paradebeispiel für eine Demokratie, die de facto an Autokratie grenzt. Orbáns Regierung hat in den letzten 15 Jahren an allen Grundpfeilern des liberalen Verfassungsstaates gesägt. Hier sind einige Schritte, die sie zu diesem Zweck unternommen hat:
Orbáns Fidesz-Partei nutzte ihre absolute Mehrheit, um die ungarische Verfassung neu zu schreiben und die Gewaltenteilung zu schwächen.
Sie schränkte die Unabhängigkeit der Justiz ein und besetzte das Verfassungsgericht mit Fidesz-Anhängerinnen.
Fidesz änderte die Wahlgesetze, sodass die Partei selbst davon profitierte, und zog die Wahlbezirke neu.
Orbán machte die staatlichen Medien zum Propagandainstrument der Regierung.
Kritische Medien werden mit Geldstrafen in den Ruin getrieben, unabhängige Medien zum Schliessen gezwungen oder von Fidesz-Verbündeten übernommen.
Gender-Studies-Programme an Universitäten sind verboten. Ein Gesetz schränkt die Verbreitung von «LGBTQIA+-Inhalten» in Medien und Bildung ein.
Dabei hat die Orbán-Regierung in klassisch populistischer Manier versprochen, die Macht an das Volk zurückzugeben. Getan hat sie das Gegenteil: Sie hat die Bürger zu Statisten gemacht, die sie mit Propaganda, Fake News und Lügen auf Kurs bringt. Dieser Mechanismus – die Umwandlung von Bürgerinnen in Zuschauerinnen – ist ein zentraler Bestandteil des sogenannten democratic backsliding: Indem illiberale Politik jegliche Widerstandskräfte zunehmend unterminiert, erleichtert sie den Übergang zur Autokratie.
Während Orbán den Menschen im Land eine Freiheit nach der anderen entzieht, gönnt er sich gerne selber etwas. Zum Beispiel ein riesiges Fussballstadion, das aussieht wie eine Kathedrale. Es steht auf der anderen Seite der Strasse bei seinem Landhaus in Felcsút, dem Dorf, in dem er aufgewachsen ist. Dass das Stadion mit seinen 3800 Sitzplätzen mehr als doppelt so viele Personen fassen kann, wie Felcsút Einwohnerinnen hat, wirkt dabei nur auf den ersten Blick seltsam. Schliesslich wurde es auch nicht für die Dorfbewohner errichtet. Sondern für Orbáns reiche Freunde, für die feste Parkplätze reserviert sind.
Gebaut hat das Stadion: der Bürgermeister von Felcsút, ein Jugendfreund von Orbán. Dieser war früher Gasinstallateur, wurde aber dank staatlicher Aufträge innerhalb von wenigen Jahren zum heute reichsten Ungarn.
Er ist nicht der Einzige, der von Orbáns Vetternwirtschaft profitiert. Der Ministerpräsident hat um sich herum einen Kreis von wohlhabenden Geschäftsleuten aufgebaut – das, was die «Financial Times» «im Wesentlichen eine Gruppe loyaler Oligarchen» nennt. Es ist ein Modell, bei dem – wie in Russland – geschäftlicher Erfolg und politische Macht eng verflochten sind. Mit dem Unterschied, dass die ungarischen Oligarchen massiv von EU-Subventionen profitieren: Die staatlichen Aufträge, die ihnen Orbán zuschanzt, sind zu rund 60 Prozent von der EU finanziert.
Längst nicht alle Regimes, die illiberale Tendenzen zeigen, gehen so offensiv vor wie Orbáns Regierung.
Am anderen Ende des Spektrums sind Länder wie die Slowakei. Seit der Wiederwahl von Präsident Robert Fico 2023 erlebt das Land zwar gewissen illiberalen Druck und ist stark polarisiert. Zugleich hat es sich bis heute aber viele Merkmale einer liberalen Demokratie bewahrt.
Einen demokratischen Rückschritt gemacht hat auch Israel, das seit kurzem zum ersten Mal in 50 Jahren nicht mehr als liberale Demokratie gilt. Auf dem V-Dem-Index, der die Regierungssysteme eines Landes bewertet, wurde das Land zu einer «Wahldemokratie» herabgestuft und befindet sich damit in der gleichen Kategorie wie Polen oder Brasilien. Schuld daran sind vor allem die Justizreform der Regierung und weitere Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz.
Irgendwo dazwischen liegt Indien. Das Land wird zwar gern als «grösste Demokratie der Welt» bezeichnet, doch unter Premierminister Narendra Modi zeigt es zunehmend illiberale Tendenzen – die Einschränkung der Medien- und Meinungsfreiheit, der Druck auf die Zivilgesellschaft und die Aushöhlung der Minderheitenrechte sind nur ein paar Beispiele dafür.
Eine kleine Geschichte des Illiberalismus
Wer den Aufstieg des Illiberalismus nachzeichnen will, muss gar nicht allzu weit zurückgehen. Auch wenn der Begriff schon Ende der 1990er-Jahre populär wurde: So richtig seinen Platz schuf er sich erst Anfang dieses Jahrhunderts.
Dazu trugen die Anschläge vom 11. September 2001 bei, nach denen es zu einer Verschiebung in der Weltpolitik kam: Der globale war on terror diente vielen westlichen Demokratien als Anlass, ihre Sicherheitsmassnahmen zu verschärfen, aber auch als Vorwand, Menschenrechte nicht mehr einzuhalten (was teilweise dasselbe war).
Die globale Finanzkrise von 2008 gab illiberaler Politik und populistischen Bewegungen zusätzlichen Aufschwung: Dies vor allem, weil die wirtschaftliche Instabilität und die zunehmende Ungleichheit zu wachsender Skepsis gegenüber traditionellen liberalen Institutionen führten.
Ein idealer Mix für populistische Anführer wie Orbán, die in den 2010er-Jahren die Chance zu wittern begannen, ihre (nicht immer so) geheimen Fantasien von illiberalen Staaten ungehemmt auszuleben.
Auch die polnische Regierung schloss sich dem Club illiberaler Demokratien an. Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PIS) gewann 2015 einigermassen überraschend die Parlamentsmehrheit und begann sofort, ihre Macht zu konsolidieren – mit bewährten Mitteln: Sie schwächte die Gewaltenteilung, schränkte die Unabhängigkeit der Justiz massiv ein, machte die öffentlichen Medien zu Propagandamaschinen und ging gegen kritische Journalistinnen vor.
Und dann, 2016: Donald Trump wurde zum ersten Mal zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Schon damals bedeutete dies einen Wandel hin zu einer illiberalen Rhetorik und Politik, die etablierte Normen und Institutionen infrage stellten – auch wenn noch niemand ahnen konnte, welch erbarmungslose Angriffe auf die liberale Demokratie Trump in der Folge lancieren würde. Viele Beobachterinnen trösteten sich zu dieser Zeit noch damit, dass Trump ein chaotischer Amateur war, der sich nicht genug lange auf etwas konzentrieren konnte, um wirklich gefährlich zu werden.
Dennoch: Trump griff von Beginn weg die Medien an, bezeichnete sie als «Feind des Volkes» und drohte, gegen kritische Titel wegen Landesverrat vorzugehen.
Auch sprachlich erinnerte er oft an Autokraten: Er entmenschlichte seine Gegnerinnen und schürte Ängste vor Einwanderern und Minderheiten – beispielsweise als er während seiner ersten Kampagne sagte, Mexiko schicke systematisch Drogen, Kriminalität und Vergewaltiger über die Grenze.
Klargemacht, dass er sich nicht an die demokratischen Regeln halten wird, hatte er ebenfalls schon vor der Wahl, als er sagte, er verspreche allen seinen Wählern, dass er das Ergebnis der Präsidentschaftswahl «voll und ganz akzeptieren» werde – falls er gewinne. Auf die Frage, ob er die Wahl anerkennen würde, falls er verlieren sollte, antwortete er, das werde er zu gegebener Zeit entscheiden.
Dass Trump nicht nur damit kokettierte, die Legitimität von Wahlen zu untergraben, wissen wir spätestens seit dem 6. Januar 2021, als Trumps Weigerung, seine verlorene Wahl anzuerkennen, darin gipfelte, dass er einen wütenden Mob aufs US-Capitol losliess. Es war einer der physisch brutalsten Angriffe auf die Demokratie, den die USA je gesehen hatten.
Spätestens an diesem Punkt waren wir gezwungen, einer unbequemen Wahrheit ins Auge zu blicken: Selbst die etabliertesten Demokratien sind nicht geschützt vor der steigenden Flut des Illiberalismus.
Wie schön wäre es, man könnte diesen schwarzen Tag als einen freak event abtun, als einen Ausrutscher, schockierend zwar, aber längst vorbei – und vielleicht sogar als Warnung dienlich, damit so etwas nie mehr geschehe: Lest we forget.
Leider ist das Gegenteil wahr. Der Mann, der versucht hat, die Demokratie mit eigenen Händen zu erwürgen, ist seit wenigen Tagen zurück in der Kommandozentrale. Und hat schon in den ersten zwei Tagen klargestellt, welcher Wind dort nun weht: Donald Trump begnadigt die Randalierer vom 6. Januar, kuschelt mit Tech-Moguln, geht massiv gegen Migrantinnen vor, ordnet den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen an, hebt die Schutzmassnahmen für LGBTQIA+-Personen auf, die Joe Biden eingeführt hat, und weist den Generalstaatsanwalt an, gegen angeblich «politisch motivierte» Strafverfolgungsmassnahmen verschiedener Bundesbehörden vorzugehen.
Die Zeichen stehen auf Sturm: Das alles deutet auf einen äusserst autokratischen Führungsstil hin.
Doch was heisst das für uns, wenn eine der ältesten und stabilsten Demokratien der Welt derart angeschlagen ist? Sind wir nun alle verloren? Oder, um zu unserer Ausgangsfrage zurückzukommen: Erleben wir wirklich gerade das Ende der liberalen Weltordnung?
Was sich messen lässt
Tatsächlich lässt sich das weltweite Erstarken des Illiberalismus anhand mehrerer Schlüsselindikatoren beobachten:
Die Erosion demokratischer Normen in Ländern wie Ungarn, Polen, der Türkei, aber auch den USA: Kontrollinstanzen wie Gerichte und Medien werden geschwächt.
Eine Zentralisierung der Macht in der Exekutive, oft auf Kosten anderer Regierungsinstitutionen.
Die zunehmend populistische und nationalistische Rhetorik.
Die wirtschaftliche Unzufriedenheit und die Ungleichheit, die insbesondere seit der Finanzkrise von 2008 illiberale Bewegungen stärken.
Die Abkehr von supranationalen Institutionen wie der Europäischen Union: Illiberale Regierungen argumentieren, dass diese die nationale Souveränität untergraben.
Der Rückzug aus globalen Engagements und eine Fokussierung auf nationalistische Interessen.
Der Aufstieg rechtsextremer Parteien, besonders in Europa – von Marine Le Pens Rassemblement National in Frankreich über Alice Weidels AfD in Deutschland bis zu Herbert Kickls FPÖ in Österreich.
So weit, so beunruhigend. Aber lässt sich das auch irgendwie messen? Oder ist der Aufstieg des Illiberalismus vielleicht doch einfach ein Schreckgespenst, das uns umso bedrohlicher vorkommt, je länger wir darauf starren?
Die ernüchternde Antwort darauf ist: Nein, er ist kein Gespenst, sondern sehr real. Und ja, er lässt sich messen. Die Zahlen, so viel vorweg, machen keine Freude.
Eine der ältesten Organisationen, die untersuchen, in welchem Zustand sich Freiheit und Demokratie weltweit befinden, ist Freedom House. Sie wurde 1941 unter anderem von Eleanor Roosevelt gegründet und veröffentlicht seit den Siebzigerjahren jährlich den Bericht «Freedom in the World».
Gemäss der aktuellsten Analyse von 2024 hat die globale Freiheit in den letzten 18 Jahren kontinuierlich abgenommen.
2023 hat sich die Lage in Bezug auf politische und bürgerliche Rechte in 52 Ländern verschlechtert, während es in nur 21 Ländern zu Verbesserungen kam.
Zu einem ähnlich deprimierenden Schluss kommt das Institut Varieties of Democracy (V-Dem).
Gemäss seinen Daten ist die Anzahl der liberalen Demokratien von einem Höchststand von 43 in den Jahren 2007 bis 2012 auf 32 im Jahr 2023 gesunken.
Zudem sind die regierenden Parteien in bestehenden demokratischen Staaten im Durchschnitt illiberaler geworden. Besonders die Republikanische Partei in den USA, Stand 2018: Nur sehr wenige Regierungsparteien in Demokratien galten in diesem Jahrtausend als illiberaler.
Der neueste «Global State of Democracy»-Report hält ebenfalls fest, dass die Demokratie in der Krise ist: So haben sich 82 Länder im Zeitraum von 2018 bis 2023 in Bezug auf ihre demokratische Performance in mindestens einem Bereich verschlechtert, während nur 52 Länder bei mindestens einem Faktor Fortschritte gemacht haben.
Und um noch auf einen einzelnen, besonders wichtigen Aspekt der liberalen Demokratie einzugehen: Auch der von der Organisation Reporter ohne Grenzen veröffentlichte Weltindex zeigt einen globalen Rückgang der Pressefreiheit. Grob zusammengefasst sind die Bedingungen für den Journalismus aktuell in 71 Prozent der 180 untersuchten Länder «schlecht» und nur in 29 Prozent «zufriedenstellend». Beunruhigend seien vor allem die massiven Auswirkungen der Desinformationsindustrie auf die Pressefreiheit.
Es gibt auch Hoffnung
Für die Zukunft der Demokratie sind das schlechte Nachrichten. Denn nicht nur lebt es sich in illiberal regierten Staaten schlechter für alle, die nicht Teil der Elite sind. Illiberale Bewegungen verschärfen die gesellschaftliche Polarisierung, was wiederum den sozialen Zusammenhalt schwächt. Sie beschneiden Freiheit und Menschenrechte, behindern den öffentlichen Diskurs und führen zu wirtschaftlicher Instabilität.
Der Aufstieg des Illiberalismus hat auch auf globaler Ebene negative Auswirkungen.
Er stellt die Hegemonie liberaler demokratischer Modelle infrage und kann weitere demokratische Rückschritte in anderen Ländern begünstigen. Er belastet die internationale Zusammenarbeit und führt zu Spannungen innerhalb supranationaler Organisationen wie der Europäischen Union. Und er stellt uns vor komplexe Herausforderungen im Zusammenhang mit der Rolle von Technologie, insbesondere was die Manipulation sozialer Netzwerke durch illiberale Akteure betrifft.
Für all jene, denen die liberale Weltordnung am Herzen liegt, steht also enorm viel auf dem Spiel.
Aber es gibt auch Hoffnung.
Viele liberale Demokratien haben bewiesen, dass sie erstaunlich widerstandsfähig sind und sich trotz Krisen weiterentwickeln können.
So haben es acht Länder nach langen Phasen des Demokratieabbaus geschafft, wieder auf den richtigen Weg zurückzukehren, wie der V-Dem-Report von 2023 zeigt: Bolivien, Moldau, Ecuador, die Malediven, Nordmazedonien, Slowenien, Südkorea und Sambia haben alle ihre Regression in Richtung Autokratie gestoppt und ihre demokratischen Institutionen wieder stärken können.
«Die Länder, denen dies gelungen ist», sagt Staffan Lindberg, der Direktor des V-Dem-Instituts, «haben eine prodemokratische Mobilisierung herbeigeführt, ein objektives Justizsystem wiederhergestellt, autoritäre Führer abgesetzt, freie und faire Wahlen eingeführt, sich für die Eindämmung der Korruption eingesetzt und die Zivilgesellschaft neu belebt.»
Dass sie das zustande gebracht haben, zeigt, dass der Zerfall der Demokratie nicht unwiderruflich ist.
Auch 2023 und 2024 haben mehrere Länder bei Wahlen ihre demokratische Widerstandsfähigkeit bewiesen, beispielsweise Senegal oder Polen, wo der Sieg der Opposition eine Rückkehr zu den Grundprinzipien der liberalen Demokratie bedeutet.
Und es gibt noch eine gute Nachricht: Wenn Sie sich um den Erhalt der Demokratie sorgen, sind Sie damit nicht alleine. Gemäss einer Umfrage von 2024 in 31 Ländern waren im Median 54 Prozent der Erwachsenen mit der Demokratie in ihrem Land unzufrieden – in vielen Ländern ist dieser Wert gestiegen. Und Sorgen macht man sich nur um etwas, was einem am Herzen liegt.
Doch wir dürfen uns nicht auf der Erkenntnis ausruhen, dass wir auf der richtigen Seite stehen. Es reicht nicht, den Aufstieg des Illiberalismus als externes Problem zu betrachten, das glücklicherweise wenig mit uns zu tun hat.
Stattdessen müssen wir anerkennen, dass die liberale Demokratie unsere aktive Beteiligung und Verteidigung erfordert. Denn sie ist kein statisches System, sondern eines, das ständige Pflege benötigt.
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