Mittwoch, 11. Mai 2011

Der Unternehmensstaat

pierre musso     Die meisten Analysen des Phänomens Sarkozy betonen den spektakelhaften und Kommunikationsaspekt, der den Anfang seiner Präsidentschaft gekennzeichnet hat. Deshalb sind die Kommentare eher auf die Persönlichkeit des Präsidenten und auf seine Selbstinszenierung als auf seine Strategie fokussiert. Nun ist aber die politische Theatralisierung stets das Spektakel eines symbolischen oder sogar programmatischen Inhalts. Die Zeichen, die den Sarkozysmus bestimmen, werden durch eine nur das Unternehmen eintretende symbolische Politik verknüpft, die das ganze Dispositiv zusammenhält.
"Im Namen von" Leistung und efficiency ist der sarkozystische "Bruch" auf eine tiefgreifende Reform des Sozialstaates und der damit verbundenen rechtlich-politischen Formen ausgerichtet.
Der Sarkozysmus stellt eine erneuerte politische Form des Neoliberalismus dar, eine "Neopolitik", die vom "Neo- TV'"und vom "Neomanagement" übernommene Regierungstechnologien anwendet, um den Unternehmensstaat zu inszenieren.
Politik besteht insbesondere in der Verbindung einer Grundungssymbolik mit ihrer Verkörperung durch einen Vertreter, der ihr Bote ist. Die Theatralisierung einer Symbolik in Geschichten und Inszenierungen ist nichts Neues, aber die audiovisuellen Mittel, vor allem das für ein breites Publikum bestimmte Neo-TV; bieten wirkungsvolle Möglichkeiten für die Bildproduktion und eine erweiterte Verbreitung.
Das Kernstuck des Sarkozysmus besteht in jenem symbolischen Synkretismus, den er verkörpern will: einem Gemisch aus Neoliberalismus, Hedonismus, Katholizismus und Unternehmenswerten, wie Effektivitat, Effizienz, Leistung, Ergebniskultur und vor allem dem "Arbeitswert". Die sarkozystische Darstellung mobilisiert weniger die Symbolik eines majestätischen Staates als jene des Unternehmens. Nicolas Sarkozy, ebenso wie Silvio Berlusconi - wir haben den Begriff "Sarkoberlusconismus" vorgeschlagen, um eine Erscheinung zu bezeichnen, die über den nationalen Rahmen hinausgeht -, will einen "Unternehmer-Staatschef' verkörpern, einen Manager oder einen "Boß", der an der Spitze des liberalen Staates steht. Um die Aufmerksamkeit der Bürger zu fesseln, die als die Öffentlichkeit einer "Zuschauerdemokratie" angesehen werden, entlehnt er seine Machtmethoden dem Fernsehen und dem Management. Sarkozy
erklärte: "Mit Schauspielern verstehen wir uns. Wir haben dasselbe Publikum."
Nicolas Sarkozys politisches Projekt ist auf eine tiefgreifende Umgestaltung des Sozialstaates ausgerichtet (…).

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