Dienstag, 3. Mai 2011

Postdemokratie

györgy dalos Der Staatssekretär des Budapester Aussenministeriums, Gergely Pröhle, vormals ungarischer Botschafter in Berlin und Bern, zog im Februar dieses Jahres eine vorläufige Bilanz des westlichen Echos auf die Tätigkeit seiner Regierung. «Die Vielfalt der Angriffe und die wachsende Absurdität besonders der deutschen Stilblüte» erinnere ihn an Heinrich Bölls Erzählung «Die verlorene Ehre der Katharina Blum», in welcher «der Autor für die schuldlos angeklagte Protagonistin [. . .] keinen anderen Ausweg findet als die Ermordung eines Reporters des Boulevardblattes mit der höchsten Auflage». Selbstverständlich, fügt Pröhle hinzu, «fallen die Persönlichkeitsrechte einer Katharina Blum oder Heinrich Bölls unter eine andere Beurteilung als die Ehre eines Landes». Trotzdem wäre es besser für die deutsche Presse, nicht mit Begriffen wie etwa «Führerstaat» bei der Beschreibung von Viktor Orbáns System zu operieren: «Widrigenfalls bleiben nur zweierlei Reaktionen übrig: entweder das matte Achselzucken oder die Radikalisierung à la Katharina Blum.»

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